RECONQUISTA

  • 30-06-21 16:31 Alter: 3 Jahr/e

    Die Reise unserer Gene

    Propagandaelaborat mit wenig wissenswerten Fakten


    Es gibt Autoren, die ihren Lesern neue Erkenntnisse ermöglichen wollen, sie mitnehmen wollen auf eine Reise durch literarisches oder wissenschaftliches Neuland. Und es gibt Autoren, die Leser propagandistisch instruieren wollen, ihnen die Gedanken einimpfen wollen, die sie selbst bewegen. Zu letzteren gehören der freie Autor Thomas Trappe, der erst kürzlich auf seinem Blog die Existenz von Völkern verneinte, und der Biochemiker Johannes Krause, der heute als Direktor des Max-Planck-Instituts für Menschheitsgeschichte in Jena zu den führenden Archäogenetikern in Deutschland zählt. Unbestritten ist Krause auf seinem Gebiet eine Kapazität: Er war an der Entschlüsselung des Neandertaler-Genoms beteiligt und entdeckte 2010 mit Kollegen anhand von Genanalysen die neue Urmenschenform des „Denisovaners“. Doch daneben gibt es noch den Ideologen Krause. Im August 2020 war Krause Mitinitiator der Jenaer Erklärung, mit der die Deutsche Zoologische Gesellschaft den Pfad der Wissenschaft verlassen und Rasse als „das Ergebnis von Rassismus und nicht dessen Voraussetzung“ bezeichnet und sich für eine Entfernung des Rassebegriffs aus dem Grundgesetz eingesetzt hatte.

    Wenige Monate zuvor veröffentlichte der „Christian Drosten der Archäogenetik“ das Buch „Die Reise unserer Gene“. Entsprechend unwissenschaftlich präsentiert sich auch dieses Buch, das sich vor allem als politische Kampfschrift versteht: „Wohlgemerkt sollen mit diesem Buch“, so das Autorenduo entlarvend, „nicht nur politische Kontroversen addressiert werden, sondern auch erstmals die Erkenntnisse der Archäogenetik über die Geschichte Europas... zusammengefaßt werden.“ (S. 10) Schon im Vorspann ebenso wie in den einzelnen Kapitelüberschriften wird die Kernbotschaft erkennbar. Ohne die Einwanderer, die über Jahrtausende aus allen Richtungen nach Europa kamen und immer wieder Innovationen mitbrachten, wäre unser Kontinent nicht denkbar, ja ohne Migration gäbe es uns nicht.

    Obgleich auch interessante Fakten vorkommen, wie etwa der Hinweis, daß die Umstellung von der Jagd auf den Ackerbau viele Nachteile mit sich brachte, unterlaufen dem gelernten Biochemiker Fehler nicht nur innerhalb der ihm auffällig fachfremden Archäologie, sondern auch in seiner eigenen Profession: So ist beispielsweise die Behauptung, daß das Erbgut eines zehn Generationen zurückliegenden Ahnen „mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr in einem aktuellen Genom aufzuspüren“ (S. 36) sei, falsch. Vielmehr beträgt diese Wahrscheinlichkeit etwa 50 %. Auch der Satz, demzufolge die „genetischen Komponenten der Ackerbauern und der Jäger und Sammler fast vollständig vor 4800 Jahren verschwanden“ ist schlichtweg unrichtig. Es sank lediglich deren Anteil im Vergleich zu den Gräbern, die mehr östliches Erbgut enthielten, das östlichen Jägern und Sammlern zugeordnet wird ("Eastern Hunter Gatherer" - EHG).

    Ethnien nicht genetisch nachweisbar?

    Besonders bemerkenswert erscheint Krauses Behauptung, wir trügen keine Gene in uns, die uns als „Angehörige einer bestimmten Volksgruppe“ oder gar einer Nation auswiesen, obgleich er genau dies selbst an einer Stelle seines Buches einräumt (S. 36): „Je näher Menschen räumlich beieinander leben, desto näher sind sie untereinander verwandt... Zeichnet man die genetische Entfernung zwischen Europäern auf einer X- und Y-Achse auf, sind diese Koordinaten deckungsgleich mit einer Landkarte Europas.“ Genau das aber ermöglicht eben ziemlich genau die Zuordnung eines Menschen zu einer Ethnie oder einem Volk. Mit Urvölkern, habe dies aber nichts zu tun, obwohl die letzte große genetische Verschiebung 5000 Jahre her sei. Um seine selbst in Frage gestellte Behauptung der Nichtexistenz von Völkern und Ethnien zu retten, wählt Krause ausgerechnet das Beispiel der Farben: und legt sich so selbst noch ein Ei ins Nest: Denn obgleich die Farben an ihren Rändern ineinander übergehen, würde niemand behaupten, daß Farben nicht existieren. Im Gegenteil: die verschiedenen Farben sind ebenso Ausgangspunkt der Mischung wie unvermischte Rassen Ausgangsmaterial für die späteren Rassemischungen vor allem in Europa sind – damit wird aber deutlich, daß es Rassen eben doch gibt.

    Helle Haut durch Ackerbau?

    Gleich mehrere Denkfehler begeht Krause bei der Behauptung, die den Ackerbau nach Europa bringenden Menschen aus Anatolien ("Early Neolithic Farmer"- ENF) hätten eine „weitaus hellere Haut“ gegenüber den – von ihnen verdrängten – Einheimischen besessen. Krauses Zirkelschluß: „Im Gegensatz zu den Jägern und Sammlern nahmen sie kaum Vitamin D über Fisch oder Fleisch zu sich, sondern ernährten sich fast durchweg vegetarisch, ergänzt durch Milchprodukte... Dank ihrer helleren Haut konnten sie das lebenswichtige Vitamin D, das in der Nahrung fehlte, in ihrem eigenen Körper bilden – vermittelt durch das Sonnenlicht.“ Erst einmal waren die in Skandinavien beheimateten und keineswegs verdrängten Jäger ("Scandinavian Hunter Gatherer" - SHG) mit mehr als drei für helle Hautfarbe zuständigen Gensequenzen deutlich heller als ihre südwestlichen Vettern ("Western Hunter Gatherer" - WHG), und sogar heller als die Einwanderer vom Mittelmeer (ENF), die nur eine entsprechende Gensequenz aufwiesen. Zudem war aufgrund der starken Sonnenaktivität in Anatolien eine Aufhellung der Haut zur Vitamin-D Bildung nur bedingt notwendig. Anders im Norden Europas, wo die Sonne weitaus weniger und wesentlich schwächer scheint und die Aufhellung der Haut zwingend notwendig zur Vitamin-D-Produktion ist. Wenn die Umstellung von der Jagd auf den Ackerbau überall auf der Welt zu einer Aufhellung der Haut führen würde, dann müßten wir unabhängig von der Einwanderung von Europäern weltweit sehr viele hellfarbige Bevölkerungen vorfinden, was nicht der Fall ist.

    Steppenmythen

    In guter Gesellschaft aber dennoch auf einer falschen Fährte befindet sich Krause bei der Interpretation der Entstehung der Trichterbecherkultur um 4300 v. Chr. Diese gilt als erste nordeuropäische Ackerbau-Kultur und stand in Verbindung mit der Errichtung der Megalith- oder Hünengräber. „Die alteingesessenen Jäger und Sammler Skandinaviens wurden nicht von den Neuankömmlingen verdrängt, was aber nicht an deren besonderer Resistenz gegen fremde Einflüsse lag, sondern im Gegenteil an einer Offenheit für die importierten Techniken.“ So erscheint auch das Rad, das „die frühen Skandinavier kannten“ als Import. Immerhin erkennt der Autor an, daß die Skandinavier den „frühen Traktor“ erfanden, bei dem zwei Rinder mit einem Joch an einen Pflug gespannt wurden. Tatsächlich kann davon ausgegangen werden, daß die kampftüchtigen Jäger aus dem Norden, dem Gebiet der Ertebolle-Kultur, die bandkeramischen Ackerbauern überschichteten. In den männlichen Linien überwiegt daher bei den Trichterbecherleuten, die man in Großsteingräbern fand, die alteuropäische I2-Haplogruppe. Die genetische Zusammensetzung insgesamt aber verschiebt sich zugunsten der Anatolier. Den gleichen Fehler begeht Krause bezüglich der vermeintlichen Invasion aus der Steppe um 3000 v. Chr. Die setzt sich aus einer Aneinanderreihung von Unwahrscheinlichkeiten und Absurditäten zusammen und wurde archäologisch schon vor längerer Zeit zu den Akten gelegt, da alle angeblichen Importe aus der Steppe schon zuvor in Nordeuropa bekannt waren. So sollen die Halbnomaden aus der Steppe schon große Städte errichtet haben, die sie aber nur halbjährlich bewohnten. Sie sollen schon Bronze gekannt und verarbeitet haben, vergaßen diese auf dem Weg nach Europa aber irgendwo unterwegs. Sie sollen physiognomischen Merkmale der Menschen besessen haben, die man früher als nordisch bezeichnet hätte, sie sollen die indogermanische Sprache entwickelt haben, die sehr viele Ausdrücke für Landwirtschaft, Gewässer und Schiffahrt kannte, obwohl dies alles in der Steppe keine Rolle spielte. Sie sollen gleichzeitig nach Nordeuropa, nach Mitteleuropa, auf den Balkan und auch nach Osten ausgewandert sein. Doch nur in Nord- und Mitteleuropa kam die indogermanische Sprache an, im benachbarten Anatolien und im Iran dauerte es noch mehr als 1000 Jahre bis die indogermanische Sprache Einzug hielt. Es muß also eine andere Erklärung geben für den starken Zuwachs an genetischem Potential aus dem Osten (EHG bzw. Y-Haplogruppen R1a und R1b). Die wahrscheinlichste, von Krause nicht thematisierte Erklärung: Aus dem Nordosten, dem östlichen Baltikum erfolgte eine Westbewegung von Menschen, die kulturell den Nordeuropäern eng verwandt waren und auch die aus der Trichterbecherkeramik ableitbare Schnurkeramik mit sich führten. Auch wenn es derzeit als das deutschsprachige Standardwerk der Archäogenetik gehandelt wird, kann angesichts der starken propagandistischen Tendenz im Dienste der Eine-Welt-Propaganda vom Kauf nur abgeraten werden.


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