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20-04-19 11:28 Alter: 6 Jahr/e
10. Todestag des letzten Traditionalisten
Am 28. Februar 2009 verstarb Miguel Serrano
Miguel SerranoIch habe das Gefühl, als ob ich nicht älter geworden sei, und doch könnte es sein, daß ich gealtert bin. Nach und nach bin ich mir über meine Lebensaufgabe klargeworden; so, als ob mich jemand angeleitet hätte. Und wenn nun die Jahre wirklich vergangen sind und ich tatsächlich älter geworden bin, dann muß ich nunmehr über gewisse Dinge Zeugnis ablegen, die mir bekannt sind und die im Wissensspeicher keines anderen vorhanden sein können, Dinge, die ich dreißig Jahre lang gehütet habe, die jedoch neu sind, als ob sie erst gestern geschehen seien; Dinge, von denen ich bisher niemandem etwas mitgeteilt habe, die von mir bisher nicht benutzt wurden. Es handelt sich um den letzten Großen Krieg, der ebenso gigantisch war wie der im Heldenepos des Mahabharata geschilderte, sogar noch gewaltiger, setzte er doch das Zeichen für das Ende der Zeiten, eines Manvantara, eines kosmischen und irdischen Kreislaufes.
Diese Worte stellte der am 28. Februar 2009 verstorbene Traditionalist Miguel Serrano seinem wohl bekanntesten Werk „Das goldene Band“ voran. Der Titel deutet bereits auf die Weltansicht des Chilenen hin: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sind durch ein magisches Band verbunden, die den „göttlichen“ polaren Ursprung des „Ariers“ mit einen Nachfahren verbinde. Die in seinen Büchern enthaltenen Elemente schöpfte Serrano aus verschiedensten Quellen, vor allem alten indoarischen Überlieferungen, wie sie von den großen Traditionalisten René Guénon oder Julius Evola gedeutet wurden.
Doch trotz seiner reichhaltigen Anschauungen, aus denen sowohl Anhänger des Nationalsozialismus als auch Konservative schöpfen könnten, blieb es auch zehn Jahre nach Serranios Ableben merkwürdig still um einen der letzten großen Traditionalisten. Die einzige Zeitschrift, die sich näher mit Serrano befaßte, war das konservative Magazin „Eigentümlich Frei“. Leider versäumte es der Autor des Beitrags jedoch, sich eingehender mit seinem Objekt zu befassen und beließ es bei einer an einen Schulaufsatz erinnernden Zusammenfassung des „Goldenen Bandes“ mit einer Reihe gravierender Fehldeutungen.
„Manche Ideen von Sektenführern haben eine gewisse Berühmtheit erlangt, weil sie über ein gewisses ‚amüsantes Element‘ verfügen“, beginnt der Autor seine Rückschau auf Serrano. Eine der in diesem Aspekt ‚interessantesten‘ Persönlichkeiten sei dabei der chilenische Diplomat, der zusammen mit Savitri Devi eine „Religion“ begründet habe, „die Adolf Hitler als Erlöser verehrte, der ein neues goldenes Zeitalter des Friedens und der Liebe begründen sollte.“
Tatsächlich aber sah sich Serrrano keineswegs als Stifter einer wie auch immer gearteten Religion, und nichts hätte ihm ferner gelegen, als die Vorstellung, daß sich irgendwelche „Exoten“ als Anhänger einer „Serrano-Religion“ bezeichnet hätten. Vielmehr sah sich Serrano als Interpret esoterischer Gescheh- und Geheimnisse, die ihm als Angehörigen einer esoterischen Gruppierung zuteil geworden waren. In dieser Anschauung wird nicht Hitler zum Gott erkoren, sondern als Inkarnation einer Gottheit begriffen- nämlich Brahmans, der Universalgottheit. Damit übernimmt Serrano zwar eine der herrschenden Geschichtslehre diametral entgegengesetzte Deutung des Wirkens Hitlers, erhebt diesen aber nicht zum Gott einer neuen Religion. Leider beläßt es der Autor nicht bei seiner Fehldeutung, sondern baut darauf seine Kritik am heutigen Umgang mit der
Islamisierung auf:
„Was wäre, wenn die Hitleristen dieselben Methoden anwenden würden und dieselben Rechte hätten wie einige andere Religionen in Deutschland?
Während andere Religionen in ihren Vierteln keine Hunde dulden, würden Hitleristen verlangen, dass jeder in ihren Vierteln einen reinrassigen deutschen Schäferhund besitzt. In Köln-Ehrenfeld würde ein Hitleristentempel gebaut werden, von dem dreimal am Tag das Horst-Wessel-Lied ertönt. In Schulen müsste es Kindern erlaubt sein, sich um Mittag auf einen Teppich zu stellen, sich nach Braunau auszurichten und den Hitlergruß zu zeigen.“
Und so wenig wie die „Nazis auch den Eingang zur „Unterwelt“ am Nordpol, den schon die Argonauten fanden, entdeckt und dort die berüchtigte „Neuschwabenland“-Basis errichtet“ (die übrigens am Südpol liegen soll) hatten, so wenig gehen auch die „Verschwörungstheorien der ‚Reichsflugscheiben‘ und von ‚Neuschwabenland‘ auf Serranos Arbeit zurück“.
Beides übernahm Serrano — letzteres von Wilhelm Landig —wie auch anderes und fügte es in seinen Entwurf eines esoterischen Gegenmodells der überlieferten Geschichte ein. Und so unzuverlässig sich das das heue gelehrte Geschichtsbild bei genauerem Blick oft herausstellt, so irrig ist auch der esoterische Gegenentwurf Serranos an vielen Stellen. Serrano selbst räumte ein, daß „den Geschichten, die uns unser Meister erzählte, keine objektive Wirklichkeit anhaftet“, diese vielmehr als „Veräußerlichungen einer persönlichen Vision“ aufzufassen seien. Und dennoch wohnt seinen Gedanken ein Kern inne, der zweifellos authentisch ist.
Entsprechend dem grundlegenden Mangel an Hintergrundwissen fällt auch das Urteil des EF-Autoren aus:
„Von so einer Position als Hitlerist kann man nichts konstruktiv verbessern, sondern nur noch der Mehrheitsgesellschaft zumindest mental ‚eins auswischen‘. Auch weil die Leute einem dann sowieso verständlicherweise nicht mehr zuhören. Deshalb sollte jeder, der zum Beispiel die Chance auf Frau und Kinder oder eine Art von Transzendenz durch ‚Erbauen und Schützen‘ hat, besser die Finger vom esoterischen Hitlerismus lassen, da dieser eine mentale Sackgasse ist, die nur in Zerstörung münden kann.“
Richtig ist daran zumindest die Idee mit dem „Stinkefinger“, wobei lediglich die flapsige Formulierung hier nicht angemessen scheint. Viel wichtiger an der Person Serranos aber ist, daß er trotz seiner nicht eindeutigen politischen Ausrichtung auch Thesen vertritt, die gewöhnlich als rechtsradikal oder gar neonazistisch bezeichnet werden. Wird er damit automatisch selbst zum „Rechtsradikalen“? Wieso sollten C. G. Jung und Herman Hesse mit einem solchen Extremisten befreundet gewesen sein?
Genau dieser Umstand zeigt, daß Serrano eben nicht in die typischen Deutungsmuster politischer Zuordnung paßt und rechtfertigt es, einem unangepaßten Bewahrer alter Traditionen, wenn auch vielfach mit obskuren Ansichten, eine Gedenkschrift zu widmen...
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